Liebe Sophie, Du hast eigentlich alles richtig gemacht seit deinem letzten Besuch. Die Kritikergilde liegt Dir geschlossen zu Füssen und Du bist dadurch zum Feuilletonliebling geworden; Du hast an den renommiertesten Festivals gespielt, mit unglaublich begnadeten MusikerInnen kollaboriert und warst Gast an etlichen Ehrungen und Talkrunden. Dein schreiberisches Talent ergänzt dein musikalisches, die Hochkultur liebäugelt mit Dir und niemand ist Dir böse deswegen, die Alternativszene scheint Dir nach wie vor wohlgesinnt, es sind keine NeiderInnen auszumachen. Das hast Du wohl deiner Art zu verdanken, Deiner Persönlichkeit. Du bist nie um eine Koketterie verlegen, scheinst trotzdem nie arrogant, bleibst irgendwie unnahbar, auf eine gute Art und Weise aber; eine welche Distanz schafft, gesunde Distanz. Menschen bleiben sich immer fremd, egal wie eng eine Beziehung ist. Genau darin liegt der Reiz der Zwischenmenschlichkeit – das scheinst Du verinnerlicht zu haben, diesen Raum aufzufächern scheint Deine Gabe, dieser Raum welcher so notwendig ist, zum Atmen, zum Denken, um sich ganz einfach wohl zu fühlen; nicht so ausgeleuchtet wie sonst überall. Darum ist Deine Musik wohl auch so erfolgreich ohne dabei anbiedernd zu sein, weil sie diese Sehnsucht zu stillen vermag, unbewusst vielleicht, dafür umso unmittelbarer. Liebe Sophie; die Welt steht Dir offen, wie man so abgedroschen sagt, so abgedroschen wie alles was damit einhergeht, wenn man „alles richtig macht“. Du warst nicht gefeit davor, wurdest quasi zum Kultur-Darling der Schweiz ernannt, wurdest gemeinsamer Nenner von gutem Musikgeschmack, auch bei Leuten die keine Ahnung von Deiner Leidenschaft haben, das hat Dir auch miefige Preise eingebracht, Preise wie den Prix Walo, Medaille der bourgeoisen Unterhaltungsbranche schlechthin. Vielleicht wurde Dir das, gepaart mit den langen Tourneen und den vielen Erwartungen alles irgendwie zu viel, vielleicht war dies der Grund für Deine Reise nach Kalifornien, wo Du Dir selber Zeit und Raum nahmst, vielleicht um eine Blaupause zu erstellen, sicherlich um selber Distanz zu erlangen. Distanz zum eigenen Werk. Zurückgekehrt bist Du mit von verschiedensten Einflüssen strotzenden Tracks, eklektisch, verspielt, virtuos und unglaublich inspirierend. Danke Sophie; danke kommst Du damit nach so langer Zeit wieder zu uns, nach Hause in den Dachstock, wo wir Dich mit offenen Armen empfangen und geschlossen beklatschen werden, zweifelsohne. (txt:üd)