Puh, endlich geschafft, Angel Haze im Dachstock, war langsam an der Zeit; denn dass die Wahlnewyorkerin schon in Bälde unsere Kragenweite sprengen wird, scheint ausser Frage. Doch beginnen wir die Geschichte in Michigan, wo die mittlerweile 24 jährige Raykeea Wilson aufgewachsen ist, in einem ultrareligiösen Umfeld einer apostolischen Kirche. Ideologische Wucherungen sind ihre Muttermilch, quasi kultischer Brainwash, sexueller Missbrauch und ultrakonservative Rollenbilder, na was für eine Kinderstube… Dass dabei nicht die Auseinandersetzung mit der universellen Langweile Triebfeder des künstlerischen Schaffens wird, scheint logisch. Mag vielleicht brutal klingen, doch ihr frühes Schicksal scheint zum Preset ihres Erfolgs geworden zu sein. Die Bereitschaft sich ohne Rücksicht auf jegliche Konventionen auszudrücken und dabei virtuos mit den Algorithmen der Popkultur zu liebäugeln, um sie im nächsten Moment zu pulverisieren, scheint genau der Output ihrer persönlichen Emanzipation zu sein. Ihr Approach ist dabei keinesfalls ein klassisch strukturkritischer, vielmehr karikiert sie, überspitzt gnadenlos. Haze distanziert sich beispielsweise nicht von Sexualisierung, sondern betreibt diese als Selbstdarstellerin proaktiv und lässt dabei auch nicht ab von martialischen Chauvi-Rap Jargon. Dafür positioniert sie sich bezüglich Gender und sexuellen Vorlieben radikal liberal und schiesst somit allen Lehrbuchgendermiesepeter ne geballte Ladung Ingoranz vor den Bug; klingt dann so: “Bitches on my dick cause I’m severely intellectual / Bitches on my dick because I’m also way bisexual / Bitches on my dick cause I found out I don’t give a fuck.” Angel Haze ist ein Pulverfass, von sich und ihrem Tun überzeugt. Wer sich ihr in den Weg stellt, sei gewarnt: Rücksicht auf ein schwaches Ego wird sie auf keinen Fall nehmen, dafür hat sie selber schlicht zu hart gekämpft! Argumente und Punchlines gehören also sorgfältig vorbereitet und gute Nehmerqualitäten sind empfohlen, übrigens auch fürs Konzert. (üd)