Im Rahmen des «Japan Now» betitelten Festivals für Kultur aus Japan, mit dem Schwergewicht auf Butoh-Tanz, welches dieses Jahr vom Japan-Schweizer Imre Thormann vorwiegend in der Dampfzentrale organisiert worden ist, dürfen wir im wahrsten Sinn des Wortes eine Sensation präsentieren:
Das Orchester Shibusashirazu (frei übersetzt: «Sei nie cool») ist eine über zwanzigköpfige Band, deren genreübergreifende Musik eingebettet ist in eine multimediale Performance, die mit Butoh-Tanz, Go Go Girls, traditionellen theatralischen Einlagen, und Live Painting einen ungewöhnlichen Rahmen schafft für Klänge, die von Rock, japanischem Enka und Pop, über Latin, Folk, Groove und Jazz reichend, dem Big Band-Genre eine neue Dimension verleihen.
Inspiriert von der Philosophie und dem bunten Auftreten des Sun Ra Arkestras, hat der Jazz-Bassist Daisuke Fuwa das Projekt 1988 ins Leben gerufen als musikalische Begleitung für ein Theater. Seither waren zahlreiche namhafte Artisten Teil der ständig wechselnden Belegschaft des einzigartigen Projekts, auf dem eigenen Label Chitei Records wurden bisher 8 Alben veröffentlicht, ausgedehnte Touren führten unter anderem bereits dreimal nach Europa, wo sie die erste Independent-Band waren, die am britischen Glastonbury-Festival auftrat.
Dieses Jahr, anlässlich der vierten Europa-Tour, wurden sie zum zweiten Mal an das New Jazz Festival Moers eingeladen, am Uncool Festival im Val Poschiavo trafen sie einmal mehr auf das Sun Ra Arkestra, welches seit der endgültigen Abreise des Meisters unter der Leitung von Marshall Allen steht.
Seit 2000 haben sie zudem bereits viermal eine jährliche Residenz am Fuji Rockfestival gehabt, dem grössten und bekanntesten Japans, wobei sie 2003 zusätzlich das Sun Ra Arkestra einluden. Auf ihrer letztjährigen Veröffentlichung «Shibuboshi» sind denn auch Marshall Allen, Michael Ray und Elson Nascimento vom Arkestra Teil von Shibusashirazu.
Kein Tonträger kann jedoch die ungestüme Wucht ihrer opulenten Auftritte vermitteln, die zu beschreiben ein schwieriges Unterfangen darstellt: Selbst, sie als Augenweide und Ohrenschmaus zu bezeichnen, wird der Sache nicht gerecht, denn die wilde Freude am strukturierten Chaos, die auf und um die Bühne entfesselt wird, greift mitunter auch auf das Publikum über, und kann, ohne Übertreibung, zu euphorischen Trance-Zuständen führen.