Seit Anfang der 90er-Jahre, als das CH-Label Rec Rec drei Alben seines internationalistischen Gran Teatro Amaro herausbrachte, nicht nur die hiesige Szene mit deren vollakustischem, düster-romantischen Polit-Cabaret aufmischend, hat sich der musikalische Output von François Régis Cambuzat erheblich geändert.
Ebenso derjenige des nachfolgenden Projekts, den mit der Auflösung des Teatros begonnenen Les Enfants Rouges, welches auch den Namen zu L’Enfance Rouge gewechselt hat: Über die musikalisch auf die Knochen reduzierten, theatralisch inszenierten Chansons, deren mittels Elektrizität verstärkte Version der Enfants Rouges, hat sich das mittlerweile zum Trio Gitarre, Bass, Schlagzeug geschrumpfte Kollektiv vollends in Richtung Rock entwickelt, die Grenzen des Genres auslotend und mitunter sprengend, ohne jedoch das Chanson vollends über Bord zu werfen.
In den ihre Tragkraft vor allem live entfaltenden Stücken handelt es sich aber in erster Linie um instrumentale Epen, in welchen Worte höchstens als Orientierungspunkte dienen: Sozusagen Chansons ohne viele Worte, deren Aussage zum grössten Teil von den Instrumenten übernommen wird. Dabei wird der Hang zum nicht nur musikalischen Nomadentum offenbar: Nicht von ungefähr sind die letzten fünf Alben nach der Strecke zwischen je zwei geografischen Orten benannt.
Ständig unterwegs, nehmen uns Chiara Locardi am Bass, Jacopo Andreini am Schlagzeug, Gitarrist und Sänger Cambuzat, ihrerseits mit auf eine Reise, wenn sie für einmal auf einer Bühne stehen: Eine musikalische Zeitmaschine von Varèse bis Sonic Youth, von King Crimson zu Keij Haino, E-Musik und Punk, traditionelle Musik aus Afrika und vom Balkan bis hin zur Marschmusik nicht auslassend: Nichts fehlt in diesem wilden, lauten Cabaret: «Voilà des Anarchistes!»
Dass selten begangene Wege nicht immer Abwege sind, beweisen auch Ephel Duath (Tolkien-Eingeweihte wissen …), welche 1998 als Duo ins Leben gerufen wurden, ein Gebräu aus Noise, Metal, Jazz und Hardcore zu destillieren.
Nach verschiedenen Line Up-Wechseln, und nachdem Earache als Englands ständig aktives Metal-Label auf das Debut «Phormula» (Code666,2000) der Band aus Italien aufmerksam wurde, sind sie als Quartett unterwegs, und haben die Bühnen auf Europa-Touren und an Festivals mit Bands wie Dillinger Escape Plan, der Melvins Fantômas Big Band, Entombed, Locust und Lacuna Coil geteilt. Zur Zeit betouren sie intensiv ihr neues Album «Pain Necessary to Know».
Ein abenteuerlicher musikalischer Ausflug, als würden Sonic Youth auf Naked City treffen, die Fortsetzung unserer gelegentlichen Exkursionen in den Untergrund Italiens (zuletzt 27. 1. 2007) mit anderen Mitteln. Don’t miss !