Nicht nur geographisch, wo der Weg der Bahn der Sonne nach von Tokio über Berlin nach Los Angeles führt, auch musikalisch werden an diesem Abend Distanzen zurückgelegt, wie sie Tag und Nacht trennen, verbunden durch das Zwielicht der Dämmerung.
«At The Soundless Dawn» heisst das letztes Jahr veröffentlichte Debut der Red Sparowes, dessen sieben Titel jeweils aus ganzen Sätzen bestehen, die nacheinander gelesen einen zusammenhängenden Abschnitt ergeben. Dementsprechend ihre Musik Sound-Poesie zu nennen, mag zutreffen, beinhaltet aber nur einen Teil dessen, was das Kollektiv aus dem Umfeld von Isis, Neurosis, Dillinger Escape Plan und weiteren Bands schafft:
Aus scheinbar minimalen Instrumental-Passagen wachsen Landschaftsbilder, assoziationsreiche Filmsoundtracks, vom musikalischen Geschehen bestimmt, das nur an der Oberfläche ruhig zu sein scheint, während untergründig ein wahres instrumentales Action-Spektakel stattfindet. Unnötig zu sagen, dass es sich um den Soundtrack zu einem Breitleinwand-Film handelt, episch ohne pathetisch zu werden, musikalisch auf abenteuerlichem Terrain.
Aus dem psychedelischen Untergrund Tokios stammen die Marble Sheep, welche 1987 von Ken Matsutani, dem ehemaligen Gitarristen von White Heaven, gleichzeitig Kopf des Captain Trip Labels und Vertriebes, ins Leben gerufen wurden.
Anfänglich bekannt für ausgedehnte Jams und avantgardistische Improvisationen, Covers von Pink Fairies- und Velvet Underground-Songs, wurde mit der Zeit mehr von der rauhen, wilden Energie des Rock’n’Roll von MC5 oder den Stooges im Sound hörbar, immer in dieser Gruppen aus Japan eigenen, überdrehten Art.
Diese Entwicklung hat ihre Entsprechung im Line Up gefunden, welches zur Zeit aus zwei von einer Drummerin und einem Drummer bedienten Schlagzeugen, Synthesizer, Bassistin und Gitarre besteht, in welchem sie schon eine ganze Reihe von Alben herausgebracht haben, zuletzt «The Gate Of A Heavenly Body», welche das in Berlin ansässige Label Fünfundvierzig auch für Europa zugänglich macht.
Erstaunlich, dass eine Band, deren Namen im gleichen Atemzug mit Acid Mother’s Temple, White Heaven oder Ghost genannt wird, dadurch zum ersten Mal zu einer Europa-Tour findet, deren einzige CH-Station Bern sein wird.
Aus Berlin mit auf die Tour von Marble Sheep geschickt wurden Drive By Shooting, eine Gruppe, die in Bezug auf Derbheit, Geschwindigkeit, und dreckiges Abgerocke noch einen Zacken zulegen wird.
«Punk trifft auf bluesigen Noiserock mit ordentlich Wah-Wah und einer Ladung Motörhead im Blut» (Flying Revolverblatt), wahlweise: «Schneller, völlig benebelter Drogenrock mit pfundweise Effekten und dreckigen Riffs» (Green Hell).