Der New Yorker Saxophonist Roy Nathanson, lange mit John Lurie’s Lounge Lizards unterwegs, dann Mitbegründer der Jazz Passengers, war noch nie dafür bekannt, dass er sich auf den Lorbeeren vergangener Erfolge ausgeruht hätte. Die Liste seiner Projekte und Zusammenarbeiten würde hier den Rahmen sprengen, weshalb wir uns auf sein neustes Ding beschränken:
Schon immer an Music & Poetry-Verbindungen interessiert, liegt mit dem Debut-Album «Sotto Voce» das Resultat jahrelangen Experimentierens mit einem Gruppenkonzept vor, welches Stimmen, Worte und Instrumentalklang zu verschmelzen vermag, angegangen mit auserlesenen Musikern, in eigenwilliger Instrumentierung, mit Solisten, welche ihren Beitrag in den Dienst des Gruppenklanges stellen.
Das Line Up entstand über regelmässige, im New Yorker Barbès-Club abgehaltene Konzert-Workshops. Da sind Passengers-Violinist Sam Bardfeld, deren Mitbegründer Curtis Fowlkes an der Posaune, Tim Kiah am Kontrabass, der die Fähigkeit mitbringt, zum Bass-Spiel völlig andere Meter zu singen, Napoleon Maddox, sonst im Chicagoer Hip Hop-Outfit Iswhat? tätig, trägt Human Beatbox und Scat-Gesang bei, Roy Nathanson selbst ist am Alto- und Sopransax zu hören, nicht selten beide gleichzeitig spielend. Alle Musiker bringen Sprache und Gesang ein.
In dieser Konstellation kommt dem Wort, neben dem genialen Beatboxing von Maddox, die Rhythmus gebende Funktion zu, mit dem die Instrumente ebenso frei verfahren, wie mit der Untermalung oder Kontrastierung des Word-Flows. Solcherart werden die mit einem neuen Text aus der Feder Nathansons versehene Interpretation von Rahsaan Roland Kirk’s Klassiker «The Inflated Tear», eine Version von «Sunrise, Sunset» aus dem Musical «Fiddler on the Roof», eine umwerfende des 1966er Soulhits «Sunny» von Bobby Hebb geschaffen.
Der Rest der Stücke stammt aus Nathanson’s Feder, der auch zum grossen Teil die gesprochenen Parts übernimmt. Die Bandbreite der Stücke ist weit, sogar Pop kann darin geortet werden, zwischen Jazz und Hip Hop schwebend, swingend und groovend, zum Soundtrack mäandernd, zum Hörspiel mutierend, lässig auf beide Wege über alle Genre-Grenzen hüpfend.
Neben der früheren Blondie-Sängerin Deborah Harry eine der ersten Stimmen, welche in das Passengers-Konzept Aufnahme fanden, gehört Elvis Costello, welcher die Liner-Notes zu «Sotto Voce» geschrieben hat: «In einer Welt da überall Sinnloses gebrüllt wird, ist Roy Nathanson’s Sotto Voce geistvoll, lustig, schön und unmittelbar». Am direktesten wird die inspirierende Energie des Projekts live am Konzert sein.